Heimatblatt 10/2010 - Stirling-Kraftwerk im Zweckverband Frohnach

Der ZV Frohnbach öffnete am 19. Oktober 2010, dem 774. Jahrestag der urkundlichen Ersterwähnung von Frohne, die Türen der Kläranlage für die Mitglieder des Heimatvereins Niederfrohna. Geschäftsleiter Dr. Steffen Heinrich stellte Aufbau und Arbeitsweise der Anlage vor. Angefangen vom Zufluss der Hauptsammler A und B aus Limbach und Oberfrohna konnten die Gäste den Weg des Abwassers, das energieeffizient allein mit dem natürlichen Gefälle durch die Kläranlage fließt, verfolgen.

default alt. text Meister Roland Anders (li.) und Geschäftsleiter Dr. Steffen Heinrich, entwickelten zusammen mit ihren Kollegen die Anwendungsbedin­gungen für das neue Stirling-Kraftwerk. Höhepunkt des Rundganges war die Besichtigung des neuen Stirling-Kraftwerkes. Benannt ist dieser Motor nach seinem Erfinder, einem schottischen Pfarrer. Die Grundidee des Motors um 1800 basierte auf dem thermodynamischen Prinzip. Es wurde heiße Luft in einen warmen Zylinder geleitet und danach in einen kühlen. Die Temperaturdifferenz führt zu einer Volumenveränderung der Luft. Sie wirkt auf einen Kolben mit Kurbelwelle und erzeugt eine Drehbewegung.

Im 19. Jahrhundert sei dieser Motor viel gebaut worden. Der Besitzer des Limbacher Tageblattes habe z. B. mit einem solchen Motor seine Druckmaschinen angetrieben. 1895 wurde der Motor von Erikson in einem Überseedampfer eingebaut. Nicht nur der Wirkungsgrad des Motors lag über dem der Dampfmaschine, auch in der Dauerleistungsfähig­keit und in der Laufruhe unterschied sich der Stirling-Motor von der Dampfmaschine.

Für die aufkommende Autoindustrie sei der Motor aber wegen der geringen Beschleunigun­gsfähigkeit nicht interessant gewesen. Doch noch in den 1920er Jahren habe man in drei sächsischen Fabriken den Motor als Stationär-Antrieb für Generatoren hergestellt. Die Firma Siemens habe 1941 einen kompakten Stirling-Motor zum Patent angemeldet. Doch 1945 sei durch die Allierten der deutsche Patenschutz außer Kraft gesetzt worden und in den USA habe man das Prinzip zum Patent angemeldet.

Eine kleine Firma mit dem Namen STM habe in den USA versucht den Stirling-Motor neu zu produzieren. Nach einer Fusion mit General Electrics sei die Entwicklung jedoch eingestellt worden.

Man habe sich bei der Planung des Projektes zunächst an den Siemens-Erkenntnissen von 1941 orientiert. Da es aber praktisch keine Hersteller und technische Angaben von Stirling-Motoren gebe, habe man selbst Erfahrungen sammeln und die Planungen mehrfach verändern müssen.

Zunächst sei über eine normale öffentliche Ausschreibung kein Motor zu kaufen gewesen. Die Firma Keckûm in Schweden stelle z.B. Stirling-Motoren nur für den militärischen Bereich her. Solche Motoren würden nicht an zivile Nutzer verkauft.

Allerdings habe man die Stirling-Motor-Enntwicklung von Prof. Carlsen in Dänemark verfolgt. Der Professor arbeite seit den 1970er Jahren an der Entwicklung des Motors von Erikson.

Aber er wollte ihn ausschließlich für Holzgas einsetzen. Alle Test seien in dieser Richtung gelaufen. Deshalb war der Hersteller, ein mittelständiger dänischer Maschinenbauer, zurückhaltend in Sachen Verkauf eines Motors, der mit Klärgas angetrieben werden sollte. Übliche Gewährleistungen seien bei Neuentwicklungen, die sich quasi noch in der Erprobung befinden, nicht einzuhalten. Schließlich habe man aber doch einen Motor verkauft. Dänische Mitarbeiter seien auch schon in Niederfrohna gewesen, um sich über den Betrieb des Motors unter den besonderen Bedingungen zu informieren.

Das Projekt sei dankenswerter Weise vom Freistaat Sachsen großzügig gefördert worden, obwohl eine solche technologische Innovation die Grenzen der geltenden Förderrichtlinien deutlich machte. So habe man den Kauf des Motors eben nicht über eine öffentliche Ausschreibung tätigen können. Die Planungen mussten mehrfach verändert werden. Der Probebetrieb sei bisher noch nicht abgeschlossen. Man gewinne ständig neue Erfahrungen. Ein Student der Fachhochschule Mittweida führt Testreihen im Rahmen seiner Diplomarbeit durch. Ziel des Projektes sei die weitere Senkung der Betriebskosten der Kläranlage durch verbesserte und zunehmende Eigenenergiege­winnung.

Neben der Klärgasverstromung mit dem Stirling-Motor betreibe man noch einen 6-Zylinder-MAN-Motor und ein Wasserrad am Auslauf der Anlage. Zudem sei der Einsatz von Sonnenkollektoren geplant. Ein Windrad mit vertikaler Drehachse sei erstrebenswert, ebenso die Verarbeitung und Verwertung von energiereichen Abfällen, wie Feld- und Gartenschnitt.

Der Vorsitzende des Heimatvereins dankte Dr. Heinrich und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nach 2 ½ Stunden für die Mühe und die vielen Anregungen. Gleichzeitig hob er hervor, dass der Zweckverband technologische Kreativität, eine alte sächsische Stärke, auf neuestem Niveau weiterführe. Damit werde auch die öffentliche Hand in Person des Zweckverbandes Frohnbach (Große Kreisstadt Limbach-Oberfrohna Gemeinde Niederfrohna) ihrer Verantwortung für die Entwicklung alternativer Energiegewinnung gerecht.

Gleichzeitig sei der ZVF der einzige Verband der Region, der nicht zuletzt mit seinen technischen Verbesserungen und Be riebskostensta­bilisierungen die Abwassergebühren hat seit mittlerweile fast 13 Jahren beibehalten können. ae