Freie Presse: Ländliche Bürgermeister gründen neues Gremium

Die Freie Presse schreibt

Niederfrohna. Die Idee ist nicht neu: eine Vereinigung ländlicher Bürgermeister. Bereits im Vorfeld der Kreisreform 1998 hatte sich ein solcher Verband gegründet. Doch er hatte keine Überlebenschance, weil ein Großteil der Mitglieder durch die Gebietsreform nicht mehr selbstständig blieb. Ähnliches befürchtet ein Großteil der 13 Bürgermeister kleiner Kommunen des Landkreises Zwickau. Deshalb haben sie am Montag einen Runden Tisch gegründet. Initiator ist Niederfrohnas ehrenamtlicher Bürgermeister Klaus Kertzscher (Freie Wähler). Grund: Die Bürgermeister fühlen sich und ihre Dörfer in der Landespolitik und im Sächsischen Städte- und Gemeindetag (SSG) nicht richtig vertreten. Überlegt wird die Bildung einer eigenen Vereinigung sachsenweit. Rückendeckung erhielten sie dabei von der CDU-Landtagsabgeor­dneten und ehrenamtlichen Bürgermeisterin von Hartmannsdorf bei Zwickau, Kerstin Nicolaus. Kernpunkte sind dabei die immer schlechter werdende Finanzausstattung der Gemeinden und die fortdauernden staatlichen Bestrebungen, Gemeinden mit weniger als 5000 Einwohnern – oder in Großstadtnähe mit weniger als 8000 Einwohnern – alsbald aufzulösen. Das Gremium will vor der Landtagswahl 2014 die Parteien dazu bewegen, in ihrem Programm festzuschreiben, dass Gemeindezusam­menschlüsse freiwillig geschehen dürfen und dass kleine Gemeinden mehr Mitspracherecht erhalten. In der Diskussion am Montag im Rathaus Niederfrohna wurde kritisch angesprochen, dass es laut Landesentwicklun­gsplan nur in Unterzentren möglich sei, eine Grundschule oder eine Kita zu betreiben. Das solle auch in kleineren Kommunen möglich sein.

Jens Wächtler (Unabhängige Wähler), Bürgermeister von Langenweißbach, sagte, dass es kaum zu bewerkstelligen sei, alle Aufgaben ehrenamtlich zu lösen. Andreas Matthäi (Freie Wähler), Bürgermeister von Callenberg, zeigte an Beispielen auf, wie schwer es sei für eine kleine Kommune, an Fördermittel zu gelangen. Bereits in der Planungsphase müsste es zwischen den Dörfern mehr Abstimmung geben. Aber im Kampf um Fördermittel werde der Nachbar zum Konkurrent.

Steffen Heinrich, Chef des Abwasserzweckver­bandes Frohnbach, gab zu bedenken, dass der Städte- und Gemeindetag von großen Städten dominiert werde. Ziel sollte es sein, dass die kleinen Kommunen auch weiterhin genügend Spielraum haben, um sich frei zu entfalten. „Wir sollten mit einer gemeinsamen Stimme sprechen“, sagte Kerstin Nicolaus. Wolf-Dieter Kapferer, CDU-Bürgermeister von Remse, sagte, dass die Kreis- und Verwaltungsreform seit 1999 keine erkennbaren Ergebnisse gebracht habe. Er fragte, ob der SSG noch die richtige Heimat für die kleinen Kommunen sei.

Kritisch sieht das der Verband von 452 Städte und Gemeinden in Sachsen: „Der SSG stellt eine Gemeinschaft von großen, mittleren und kleineren Kommunen dar, von der alle Städte und Gemeinden profitieren“, sagte am Montag auf „Freie Presse“-Anfrage Geschäftsführer Mischa Woitscheck. Diese Geschlossenheit mache die Stärke des Verbandes aus. Die ehrenamtlichen Bürgermeister der kleineren Gemeinden seien in allen Gremien vertreten. „Der SSG hat sich wirksam für ausschließlich freiwillige Gemeindezusam­menschlüsse ausgesprochen, beeinflusst den Landesentwicklun­gsplan auch im Sinne des ländlichen Raums und hat sich bei den jüngsten Verhandlungen zum Finanzausgleich mit dem Freistaat und dem Sächsischen Landkreistag auf Änderungen verständigt, die den kleinen Kommunen zu Gute kommen. Dieses Entgegenkommen der kreisfreien Städte zugunsten des ländlichen Raums wäre ohne die Vermittlung des SSG nicht möglich gewesen“, so Woitscheck.

erschienen in der Freien Presse am 18.09.2012 ( Von Bettina Junge )