Heimatblatt 12/2009 - Mit dem Bürgermeister im Gespräch

Mit Bürgermeister Klaus Kertzscher und Altbürgermeister Lothar Philipp im Gespräch

Sehr geehrte Herren Bürgermeister, am 10.06.2009 pro­testierten Bürger in Niederfrohna gegen das Versagen einer Schulleiter-Vertragsverlänge­rung für die amtierende Schulleiterin. Sie hatten bereits am 23.04.2009 den CDU-Landtagskandidaten Jan Hippold nach Niederfrohna eingeladen, um ein klärendes Gespräch mit dem CDU-Schulminister Prof. Wöller bewillligt zu bekommen. Was ist dabei herausgekommen? K.Kertzscher.: Richtig, wir hatten Herrn Hippold gebeten, dass er in unserem Namen ein Gespräch mit dem Minister anbahnt. Herr Hippold setzte sich mit dem CDU-Bundestagsabge­ordneten Marco Wanderwitz in Verbindung, und dieser veranlasste, dass unser Ersuchen, und die Unterlagen vom Schulamt Zwickau, in das Ministerium nach Dresden gelangten.

Was sagte der Minister?

L. Philipp: Nichts, wir warten bis zum heutigen Tag auf eine Nachricht oder einen Brief an die Gemeindeverwaltung.

Wie erklären Sie sich das?

L. Philipp: Wir wollten den politischen Weg gehen, weil die entsprechenden Gesetze von der CDU-Mehrheit des Landtages durchgesetzt worden waren. Aber wir müssen konstatieren, dass sich, anders als in den Jahren der Wendezeit, die beiden Regierungsparteien CDU und SPD für die Probleme an der Basis nicht mehr interessieren. Man ließ unsere Gemeinde in diesem Sommer im Regen stehen. Das Schulamt Zwickau berief sich in der Ablehnung der Vertragsverlänge­rung der amtierenden Schulleiterin auf das Schulgesetz.

Gab es unter diesem Aspekt überhaupt Handlungsspielraum?

L. Philipp: Der zitierte Paragraph 41 des Sächsischen Schulgesetzes benennt keine exakten Qualifikations-Anforderungen an die Besetzung einer Schulleiterstelle. Die alleinige Berufung auf diesen Paragraphen legitimiert eine Ablehnung nicht. D.h. es muss Durchführungsbes­timmungen, Anweisungen und Ermessensspielraum für den betreffenden Beamten geben. Anders ist es nicht zu erklären, dass das Schulamt Chemnitz den Vertrag anstandslos ermöglichte, dass Schulamt Zwickau aber nicht.

K. Kertzscher: Nach der konstituierenden Sitzung des Gemeinderates werde ich dem Gemeinderat vorschlagen, die Entscheidung des Schulamtes durch unser Anwaltsbüro überprüfen zu lassen.

L. Philipp: In dieser Verfahrensweise wird sichtbar, dass Leistungen für das Gemeinwesen in unserer Gesellschaft nicht mehr geschätzt werden. Wenn es anders wäre, dann hätte die Bürokratie nicht so mit unserer Schulleiterin umspringen können. Es zählt dem Anschein nach nur der berühmte Stempel. Das erinnert mich an die Geschichte des Köpenicker Schusters der sich eine Hauptmannsuniform borgte. So weit sind wir davon nicht entfernt.

K. Kertzscher: Unsere Gemeinde schuldet unserer Schulleiterin, und hier spreche im Namen des Gemeinderates und meines Amtsvorgängers Lothar Philipp (nickt zustimmend), großen Dank für ihre Arbeit zum Wohle unserer Gemeinde und unserer Kinder. Sie prägte mit ihrer pädagogischen Arbeit Generationen von Kindern und Jugendlichen. Ich bin froh, dass sie uns an unserer Schule erhalten bleibt. Als wir von der Nicht-Vertragsverlänge­rung erfuhren, da war die Besetzungsplanung für das neue Schuljahr schon weit fortgeschritten. Das Schulamt wollte eine ortsfremde Schulleiterin einsetzen und eine sehr fähige Lehrerin aus Niederfrohna versetzen. Da die Vermittlungsver­suche des CDU-Landtagskandidaten Jan Hippold und des CDU-Bundestagsabge­ordneten Marco Wanderwitz entgegen unseren Erwartungen Null Ergebnis brachten, musste ich unter allen Umständen Schaden von der Gemeinde abwenden: Letztlich haben wir erreicht, dass diese Lehrerin in Niederfrohna verbleiben konnte. Wir sind ihr zu außerordentlichem Dank verpflichtet, dass sie sich praktisch innerhalb von Stunden für die Schulleitung entschloss.

Wir mussten uns wieder einmal, wie so oft, dem herrschenden Dogma beugen. Aber auf diese Weise konnten wir wenigstens die Kontinuität der Arbeit an der Schule sichern: eine Schulleiterin aus den eigenen Reihen, die der Unterstützung der bisherigen Schulleiterin gewiss sein kann.

L. Philipp.: Es zeigt sich aber, dass man die Verantwortlichen für das »Dogma«, die Regierungsparteien, einfach nicht mehr wählen kann, denn diese haben den Bodenkontakt verloren, sind abgehoben und schweben über Vernunft und Wirklichkeit.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, gestatten sie bitte zum Abschluss noch eine andere Frage. In der Freien Presse vom 20.7.09 wurde berichtet, dass die Mittel des so genannten »Konjunkturpaketes« von den Gemeinden nur in geringem Maße abgerufen werden. Wie sieht es mit unseren beantragten Mitteln aus?

K. Kertzscher: Ich hatte ja in der letzten Gemeinderatssitzung berichtet, dass alle unsere Anträge auch in der zweiten Runde abgelehnt wurden, und dass wir gegen beide Entscheidungen in Widerspruch gingen. Das Reglement sieht aber vor, dass die Mittel, um die es in Widerspruchsver­fahren geht, bis zur endgültigen Entscheidung nicht anderweitig vergeben werden dürfen. Das erklärt vielleicht auch die außerordentlich hohe Summe der brachliegenden Mittel. Momentan sind wir dabei unsere Anträge zum dritten Mal auszufüllen und einzureichen.

Sollten nicht die Mittel des so genannten »Konjunkturpaketes« zur Dämpfung der Wirtschaftskrise und zur Ankurbelung der Konjunktur eingesetzt werden? Warteten nicht die Handwerker der Region, um in den Sommerferien notwendige Reparaturen an Schulen und Kindereinrichtung durchzuführen?

K. Kertzscher: Ja, mit dieser Zielsetzung wurde das Paket von der hohen Politik zumindest angekündigt. Leider ist bisher nichts davon in unserer Gemeinde angekommen.

Aber über das ILE-Programm sollen uns wenigstens die Mittel zur Erweiterung der Kindertagesstätte und Sanierung des Gebäudes Obere Hauptstraße 18 bewilligt werden. Aus unserem Kindergarten sind in diesem Jahr wieder 20 Schulanfänger hervorgegangen. Dafür sollten wir einfach dankbar sein. Auch die Schulanfängerzahlen für die nächsten Jahre geben Anlass zum Optimismus. Und vielleicht gelingt es uns auch in Kooperation mit einer Schule aus unserer Nachbarschaft unseren Schulstandort in den Augen des Dresdner Ministerium wieder förderfähig zu machen, d.h. die geforderten 25 Schüler pro Klasse zu erreichen.

Sehr geehrte Herren Bürgermeister, vielen Dank für das Gespräch. (21.07.09 ae)